Wir freuen uns, dass wir für den Neustart der Webseite des Grundschulverbands in Sachsen Frau Dr. Katrin Reichel-Wehnert für ein Interview gewinnen konnten.
Dr. Katrin Reichel-Wehnert ist erfahrene Grundschulpädagogin. Sie promovierte auf dem Gebiet der Kindheitsforschung und ist als Referentin für Grundschulen im Sächsischen Staatsministerium für Kultus tätig. Im Rahmen ihrer Arbeit steuert sie u.a. die Qualitätssicherung in der Schuleingangsphase, begleitet innovative Projekte sowie Schulversuche und ist an der Entstehung und Herausgabe zahlreicher fachwissenschaftlicher und pädagogischer Publikationen beteiligt. Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte ist die Förderung der Zusammenarbeit von Schule, Hort und weiteren Bildungspartnern. Sie ist zudem Mitglied der Projektgruppe „Bildungsland Sachsen 2030“. Das Projekt beschäftigt sich in einem gesellschaftlich breit und partizipativ aufgestellten Prozess mit der Weiterentwicklung der sächsischen Bildungslandschaft.
Frau Reichel-Wehnert, welches ist Ihr Lieblingskinderbuch?
Mich fasziniert schon sehr lange und immer wieder Antoine Saint-Exupérys „Der kleine Prinz“. Mittlerweile besitze ich eine Sammlung des Buches in verschiedenen Sprachen. Mir gefällt die neugierige, fragend-nachdenkliche Perspektive des kleinen Prinzen, das Plädoyer für Freundschaft und der Blick auf das Wesentliche im Leben.
Warum sind Sie Lehrerin geworden?
Mit dem Beruf der Lehrerin habe ich vor allem das Miteinander mit Kindern, mit Menschen und den Wunsch zu lernen, die Welt zu entdecken und Bildung mit anderen zu teilen, verbunden. Die Lehrtätigkeit in der Schule, später zum Teil in der Fortbildung und an der Universität ist herausfordernd und gleichzeitig erfüllend, weil ich dabei immer auch selbst Lernende bin.
Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für die Grundschule?
Momentan sehe ich die größte Herausforderung darin, vor dem Hintergrund der schwierigen Ressourcenlage allen Kindern sichere Grundlagen für ein lebenslanges Lernen, Lernfreude und Anstrengungsbereitschaft mitzugeben. Mit dem Generationswechsel in den Lehrerzimmern kann es gelingen, an Bewährtes anzuknüpfen und gleichzeitig den aktuellen Fragen der Zeit: Heterogenität, Digitalität, Komplexität kritisch-konstruktiv zu begegnen. Das braucht den Dialog, eine sachliche, tolerante Kommunikation.
Was braucht es, damit Veränderungsprozesse im Bildungsbereich zielführend und im Sinne der Kinder erfolgreich umgesetzt werden können?
Schulische Bildung wird oft mit einem schwerfälligen Tanker auf hoher See verglichen, wenn es um Veränderungsprozesse geht. Ist der Kurs klar, braucht es dann jeden Einzelnen an der Stelle, wo er gerade ist. Mit einer förderlichen Haltung zur Entwicklung der Kinder, pädagogischer Verantwortung, fachlicher Expertise und Offenheit zur Veränderung können viele Leute an vielen Orten Einiges ändern. Als Rahmen braucht es dafür eine gute Steuerung, die Beratung, Begleitung, Ressourcen und Wertschätzung im Blick hat.
Sie haben das Projekt „Bildungsland Sachsen 2030“ von Anfang an mit begleitet. Dieses findet bundesweit Beachtung. Welches Potenzial sehen Sie in diesem Projekt für die Weiterentwicklung der sächsischen Bildungslandschaft?
Das Projekt „Bildungsland 2030“ ist ein spannender, breit aufgesetzter Prozess, Bildung in der Schule ausgehend von den gesellschaftlichen Trends für künftige Gestaltungsprozesse neu, anders, weiter zu denken. In der Struktur der Handlungsfelder können in diesem Prozess vielfältige Erfahrungen und Ideen für ein agiles Handeln eingebracht werden. Schon diese Herangehensweise hat Potenzial für ein der Zeit entsprechendes Bildungsverständnis. Darin stecken auch Ansporn und Anerkennung für die vielfältigen Initiativen vor Ort.
Daneben sehe ich Potenzial in der Fokussierung auf die wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte und eine breit abgestimmte Grundlage, die damit Akzeptanz für die Umsetzung schafft. Für den Grundschulbereich finde ich die Diskussion zu einer stärkeren Themenorientierung im Unterricht und die Gestaltung ganztägiger Bildung und Betreuung bisher sehr interessant.
Was wünschen Sie sich als Referentin im Kultusministerium für die Zusammenarbeit mit Fachverbänden wie dem Grundschulverband?
Ich halte es für sinnvoll, in der Zusammenarbeit einen fachlichen Diskurs zu schulartspezifischen Fragen zu führen und für die Lehrkräfte inhaltliche Impulse zu setzen.