Interview mit Edda Gädke: Pädagogin, Schulleiterin und Schulreferentin

Im dritten Teil der Interviewreihe „Inspirierende Pädagoginnen und Pädagogen in Sachsen“ kommen wir mit Edda Gädke ins Gespräch: Pädagogin, Schulleiterin und Schulreferentin mit einer Leidenschaft für Mathematik und individuelle Förderung.

Edda Gädke war im Landkreis Mittelsachsen als Grundschulpädagogin und Schulleiterin aktiv. Sie beteiligte sich mit ihrer Schule in Freiberg an der Projektphase des Schulversuchs zur „Förderung von besonders begabten Schülerinnen und Schülern durch individualisierte Lernangebote – Impulse für Schul- und Unterrichtsentwicklung in der Grundschule“. Später war sie als Schulreferentin im Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) tätig. Daneben verantwortete sie die Durchführung der 1. Stufe der Mathematikolympiaden an Grundschulen und organisierte die Durchführung der Stufen zwei und drei. Sie war Koordinatorin am Standort Chemnitz für die „Expertengruppe Schuleingangsphase“ des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus. Auch in der 2. Phase der Lehrerausbildung wirkte sie über Jahre mit.

Edda, wofür brennst du mehr: Geometrie oder Arithmetik?

Wenn ich ganz ehrlich sein soll, bin ich in der Geometrie eher zuhause und genieße die Kreativität der Umsetzung geometrischer Lerninhalte in der Grundschule. Diese Kreativität lässt sich auch in die Arithmetik übertragen. Ich denke an die Entdeckung von Mustern im arithmetischen Bereich. Das Zusammenspiel beider macht die Mathematik für Kinder anschaulich und greifbar. Jeder kann seine Stärken nutzen, um Bereiche, die nicht so einfach sind, zu erkunden.

Wer oder was hat Deine pädagogischen Werte geprägt?

Meine eigene Erfahrung im Umgang mit Bildung hat mich geprägt. Für mich war es immer wichtig, jedem eine Chance zu geben, ganz gleich, welche Voraussetzungen vorliegen. Dabei spielt auch die Orientierung an Regeln für ein gemeinschaftliches Lernen eine wichtige Rolle. Mich stört auch das defizitorientierte Lernen. Ich wollte immer einen Lernerfolg erzielen, indem die Schülerinnen und Schüler das Gefühl haben, entsprechend ihres Leistungsvermögens Aufgaben anzunehmen und Lösungen zu erarbeiten.

Du bist lange Zeit als Schulleiterin aktiv gewesen. Welche Ideale und Visionen waren Dir dabei wichtig?

Das Leitbild des Schulprogrammes der Grundschule „Theodor Körner“ in Freiberg von 2014

„Man braucht dem Kind nur die
angemessene Umgebung zu besorgen,
eine Umgebung aus Annahme, Liebe,
Schutz und geeigneten Stimuli und
das Lernen lässt sich nicht aufhalten.“

(Joseph Chilton Pearce)

fasst alle Visionen und Ideale, die ich mit Bildung in Verbindung bringe zusammen. Besser kann ich es nicht sagen. Unter diesem Aspekt noch die Lehrkräfte der Schule ins Boot zu holen, war der Anspruch, den ich an mich selbst gestellt habe

Gemeinsam mit dem Kollegium Deiner Freiberger Schule hast Du Dich am Schulversuch zur integrativen Begabten- und Begabungsförderung beteiligt. Welche Chancen und Herausforderung brachte das Schulprojekt mit sich?

Im Schulgesetz des Freistaates Sachsen wird die individuelle Förderung aller Schüler festgeschrieben. Die Grundschule muss mit einem individualisierenden Unterricht dem breiten Leistungsspektrum der Schülerinnen und Schüler entsprechen. Auch besonders begabte Lernende sind auf ihrem Weg des Wissenserwerbes zu unterstützen und es ist ihnen zu ermöglichen, ihre Leistungspotenziale zu entfalten.

Chancen:

  • Wahrnehmung der Heterogenität von Schülerinnen und Schülern als pädagogische Herausforderung und Chance für Unterrichtsentwicklung
  • Sensibilisierung der Lehrkräfte für die Leistungsfähigkeit der Lernenden durch Stärkenanalyse (Entwicklungsvorsprünge trotz Teilleistungsschwächen im Blick behalten)
  • hohe Schulzufriedenheit der Kinder und Eltern
  • Steigerung des Gesamtniveaus aller Schulleistungen
  • Weiterentwicklung der Kompetenzen der Lehrkräfte vor allem auf den Feldern der Diagnostik, Beratung, Förderung, Kommunikation, Evaluation und Fortbildung

Herausforderungen:

  • Lehrkräfte, die diese Ideen mittragen, weiterentwickeln und an deren Umsetzung Interesse zeigen
  • die Ideen in den Unterrichtsalltag zu integrieren und die Bezüge zum Lehrplan herstellen
  • sächliche und personelle Voraussetzungen schaffen, um entsprechende Lernumgebungen zu gestalten

Die Grundschule ist gegenwärtig mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Wenn Du jetzt eine Schule leiten würdest, welche Schwerpunkte im Schulkonzept wären dir wichtig?

Mir wären die folgenden Schwerpunkte für die Entwicklung von Schule wichtig:

  • Ausgangspunkt für alle Ideen und Konzepte ist das Kind mit seinen Fähigkeiten und Begabungen – jeder kann etwas und jeder sollte mindestens einmal am Tag ein „Könner“ sein.
  • Eine Lernkultur des Forderns und Förderns etablieren, wo jeder seine Stärken entwickeln kann.
  • Freiräume für Entdeckungen und Vernetzung von Wissen schaffen.
  • Kreative und anspruchsvolle Formen der Unterrichtsgestaltung ausprobieren und weiterentwickeln.
  • Lernenden die Möglichkeit einräumen, Problemaufgaben aus dem Alltag zu bearbeiten, sie aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und den Nutzen des Lehrstoffes zu verdeutlichen.
  • Kommunizieren auf Augenhöhe mit Festlegung klarer Regeln.
  • Nutzung der natürlichen Differenzierung, um Lerninhalte zu erschließen.
  • Entwicklung von Methoden-, Lern- und Sozialkompetenzen, um das eigene Lernen zu forcieren.
  • Hausaufgaben stark reduzieren, dafür entsprechende Lernangebote zur Verfügung stellen.
  • Anstrengungsbereitschafft soll ein lohnendes Ziel sein.
  • Die Zusammenarbeit mit den Eltern beruht auf einer wertschätzenden Grundeinstellung aller Beteiligten, es soll eine Partnerschaft im Prozess der schulischen Entwicklung entstehen.
  • Einbeziehung außerschulischer Lernorte und Vernetzung mit außerschulischen Institutionen, die bei der Bildung und Erziehung unterstützen können.

Das kann nur mit einem Kollegium umgesetzt werden, dem die schulische Entwicklung im Sinne der Kinder am Herzen liegt.

Welchen Tipp hast Du für Berufseinsteigende?

Wer sich dem Beruf als Lehrkraft stellt, soll seine Tätigkeit an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler ausrichten, deren Fähigkeiten und Begabungen kennen und das Lernen darauf abstimmen. Wertschätzung und gleichzeitige Bereitstellung von Lernangeboten, die die Anstrengungsbereitschaft der Kinder herausfordern, sind Grundvoraussetzungen für einen guten Unterricht. Dabei ist die Zusammenarbeit mit den Eltern eine wichtige Säule, die auf Augenhöhe mit klarer Formulierung von Bildungszielen erfolgen soll. Ein wichtiger Baustein ist die Neugier auf innovativen Unterricht in Verbindung mit guten Fortbildungen. Der Austausch untereinander stärkt das eigene Handeln.


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