Mit Musik geht alles besser – Singen im Schulalltag

Das Singen im Schulalltag bietet vielfältige Vorteile für die ganzheitliche Entwicklung von Kindern. Es fördert nicht nur die auditive Aufnahmefähigkeit und Konzentration, sondern auch das räumliche Vorstellungsvermögen und mathematisches Bewusstsein. Zudem trägt Singen zur Sprachpflege und Verbesserung der Rechtschreibung bei, insbesondere in dialektgeprägten Regionen. Darüber hinaus stärkt es die Sozialkompetenz und die Persönlichkeitsentwicklung, indem es Empathiefähigkeit, soziale Orientierung und Selbstvertrauen fördert. Singen aktiviert emotionale Zentren, reduziert Stress und stärkt die körperlichen Abwehrkräfte, wodurch es zu einer positiven, gesunden Schulumgebung beiträgt.

Wir freuen uns sehr, dass wir Katharina Sturm für einen Beitrag über das Singen in unserer Beitragsreihe „Forschung trifft Praxis: Impulse für die Grundschulegewinnen konnten.

Empirischer Exkurs

von Katharina Sturm

Das Singen schafft eine Voraussetzung für die ganzheitliche Entfaltung der Potenziale eines Menschen, indem es die Einheit von Wort und Melodie fördert. Dabei werden Kooperationsstrukturen zwischen rechter und linker Hirnhemisphäre gebildet (vgl. Blank/Adamek, 2010, S. 114/Noll, 2000, S. 4)

Singen steigert und sensibilisiert das Hörvermögen und unterstützt somit die auditive Aufnahmefähigkeit. Weiterhin erhöht sich, signifikant jedoch erst durch kontinuierliches Singen, die Konzentrationsfähigkeit. Das räumliche Vorstellungsvermögen und das mathematische Bewusstsein werden ebenfalls durch das Singen angeregt (vgl. Adamek, 2008, S. 114, 179/Hirler, 2005, S. 10).

Das Singen bietet vielfältige Möglichkeiten einer natürlichen Sprachpflege. Vor allem in Dialekt sprechenden Gegenden wirkt sich Singen positiv auf den Deutschunterricht und die Rechtschreibung aus (vgl. Blank/Adamek, 2010, S. 38/Hefele et al., 2006, S. 28/Hirler, 2005, S. 10/Noll, 2000, S. 6f).

Das Singen leistet einen Beitrag zur Sozialkompetenz und Persönlichkeitsentwicklung. Singen erhöht durch die Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin und die Aktivierung der Spiegelneuronen die Empathiefähigkeit. Zudem verstärkt das Singen die soziale Orientierung – soziale Verantwortlichkeit, Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme. Auch in den Bereichen der Selbstreferenz, Selbstkontrolle, Selbststeuerung und Selbstkorrektur leistet Singen seinen Beitrag. Begründet wird dies auf komplexen Rückkopplungsprozessen. Diese finden zwischen erinnerten Mustern (Melodie, Tempo, Takt) und dem zum Singen erforderlichen Aufbau sensomotorischer Muster (Wahrnehmung und Korrektur der eigenen Stimme) statt. Die Stärkung des Selbstvertrauens unterliegt ebenfalls dem Förderbereich des Singens (vgl. Bojack-Weber, 2012, S. 17/Blank/ Adamek, 2010, S. 32, 43f/Brünger, 2003, zit. n. Hirler, 2005, S. 10/Hüther, 2009, S. 38/Kreusch- Jacob, 2009, S. 24).

Beim Singen werden emotionale Zentren aktiviert. Das Singen wird dabei mit einem glücklichen, befreienden und lustvollen emotionalen Zustand gekoppelt. Diese gefühlsmäßige Assoziation zum Singen führt zu sozialen Resonanzphänomenen, die wiederum eine Grundlage für die Bereitschaft bilden, mit anderen Menschen Lösungen für Problemsituationen zu finden. Auch ein konstruktiver Umgang mit Emotionen wird angebahnt (vgl. Blank/Adamek, 2010, S.114/Hüther, 2009, S. 38).

Regelmäßiges Singen stärkt die Psyche und Physis. Dr. Gunter Kreutz, Professor für systematische Musikwissenschaft an der Universität Oldenburg, konstatiert: „Singen baut Stress und Stresssymptome ab und stärkt zugleich die körperlichen Abwehrkräfte“, so die Aussage in einem Beitrag der Techniker Krankenkasse. Empirisch belegt erhöht sich beim Singen die Anzahl der Immunglobuline A, die in den Schleimhäuten sitzen und Krankheitserreger bekämpfen. Weiterhin werden erhöhte Anteile der Glückshormone Beta-Endorphine, Serotonin und Noradrenalin ausgeschüttet und Stresshormone, wie zum Beispiel Cortisol abgebaut (vgl. Friedl, 2007, o. S./Kreusch- Jacob, 2009, S. 22, 25/Kreutz, o. J., o. S.).

Literatur

  • Adamek, K. (2008): Singen als Lebenshilfe. Zu Empirie und Theorie von Alltagsbewältigung. Münster: Waxmann Verlag
  • Blank, T./Adamek, K. (2010): Singen in der Kindheit: eine empirische Studie zur Gesundheit und Schulfähigkeit von Kindergartenkindern und das Canto-elementar-Konzept zum Praxistransfer. Münster: Waxmann Verlag
  • Bojack- Weber, R. (2012): Singen in der Grundschule. Eine Untersuchung zur Singfähigkeit und zum Singverhalten von Grundschulkindern. Augsburg: Wißner-Verlag (= Forum Musikpädagogik/ Band 104)
  • Hefele, M./YemenDzakis M. (2006): Jedes Kind kann singen. Stimmbildung im Kindergarten und Grundschule. Kassel: Gustav Bosse Verlag
  • Hirler, S. (2005): Kinder brauchen Musik, Spiel und Tanz: Rhythmik als ganzheitliches Bildungsangebot in der frühkindlichen Erziehung. In: Frühe Kindheit. die ersten sechs Jahre. (Heft 4), S. 8- 13, Berlin: Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft (Initiative gegen frühkindliche Deprivation) e.V.
  • Hüther, G. (2009): Die Bedeutung von Musikerfahrung für Kinder. In: Kreusch- Jacob, D. (2009): Kinder für Musik begeistern. München: Knaur Ratgeber Verlag, S. 33- 38
  • Kreusch- Jacob, D. (2009): Singen – Ein Spiel mit Stimme und Sprache. In: Kreusch- Jacob, D. (2009): Kinder für Musik begeistern. München: Knaur Ratgeber Verlag, S.22- 26
  • Noll, G. (2000): Singen im Musikunterricht – ein Thema ohne Ende. In: Musik in der Schule. Zeitschrift für Theorie und Praxis des Musikunterrichts (Heft 3), S. 4-7, Berlin: Pädagogischer Zeitschriftenverlag GmbH & Co

Katharina Sturm ist Lehrerin an einer Grundschule in Dresden und Fachausbildungsleiterin für die Fachdidaktik Musik an der Ausbildungsstätte für das Lehramt an Grundschulen am Standort Dresden. Einige ihrer Arbeitsschwerpunkte sind musische Bildung und Sprachförderung. Außerdem führt sie Fortbildungen und Workshops rund um den Musikunterricht durch. Kontakt: katharina.sturm@grundschulverband-sachsen.de